Kontakt

Das Genus Ephebopus in Französisch-Guyana

Text und Fotos von Dirk Eckardt
http://www.bird-eating-spiders.de/

Es war 1995, im März und April, als wir die graue Ruhrgebietsatmosphäre gegen etwas mehr tropische Klimate eintauschen wollten. Wir hatten uns Französisch-Guyana ausgeguckt, das zwar weit ab in Amazonien in Südamerika lag, doch irgendwie noch Frankreich war, denn Post und Telefon, die Sprache natürlich und die Flagge Frankreichs waren eben allgegenwärtig französisch. Ein Überseedepartement im nördlichen Südamerika.
Wir hatten etwa 2 Wochen hinter uns, waren quer durchs Land gereist und wollten nun, für etwa 9 Tage, ins Herz Französisch-Guyanas reisen, nach ******, einem Nest mitten im amazonischen Regenwald, umgeben von nichts anderem als schwülheißem Urwaldgrün, teebraunen Bächen und Tieren, Tieren, Tieren. Die häufigsten waren Moskitos und Fledermäuse.


Regenwaldbiotop

Natürlich suchten wir nach Vogelspinnen: Avicularia, Theraphosa und Ephebopus waren die bekanntesten Gattungen dieser Gegend, angeblich nicht gerade selten und doch sollte es ewig lange dauern, bis nennenswerte Spuren zu finden waren.

„Du landest am Flughafen und kannst gleich Theraphosa finden...!“ So einfach, wie es uns einige Spinnenfreaks, die zuvor Frz. Guyana bereist hatten, weismachen wollten, war es doch nicht. Guyana ist teilweise stark zersiedelt (dies konnte ich im Januar 2003 feststellen), viele Waldgebiete sind gerodet und man findet vielfach nur noch verbrannte Erde vor, manche Straßen/Pisten sind verschwunden oder einfach zugewachsen. Die Franzosen in Frz. Guyana scheinen sich um die ihnen anvertraute Natur nicht sonderlich zu kümmern, lediglich Jäger und ballerwütige Touristen sind stets allgegenwärtig in den Wäldern Guyanas.

Zurück nach **** im Jahre 1995: Der Weg ging vom kleinen Dörfchen hoch in den Urwald, vorbei an einer riesigen Satellitenschüssel neben einem klapprigen Generatorenhäuschen. Der anfangs noch gut angelegte Weg verlor sich schnell zwischen den Urwaldriesen und im Gestrüpp. Diverse Schlangen, auch giftige, waren stets durch ihr lautes Geraschel im Laub erkennbar, zum Glück!


Baumriesen in Frz. Guyana

An einem kleinen Hang fielen uns kreisrunde Löcher auf, mit seidenem Material versponnen und etwa 4-5cm im Durchmesser breit: Der Blick gen Boden war bei der Spinnensuche nötig, im Wurzelbereich der Bäume waren vielfach auch die „Nester“ von Tapinauchenius-Arten zu finden, die sehr viel Seide aufwiesen und mit Moosen und Blattstücken kaschiert waren.
Avicularia-Nester waren fast immer in etwa Augenhöhe und höher an rissigen Baumstämmen zu finden, endeten aber nahezu immer in einer hell-weißen Seidenröhre.


Avicularia-Nest

Die kreisrunden Löcher konnten nicht von Theraphosa stammen, viel zu klein. Diese graben teilweise sehr tiefe Stollen oder nutzen  vorhandene Bauten von Schildkröten oder Nagern aus. Wir fanden Theraphosahöhlungen, die fast 40-50cm breit ausgehoben waren und nur durch den seidenen Teppich davor als Spinnenbehausung erkennbar waren. Die Löcher im Hang bei **** waren die von Ephebopus, genauer von Ephebopus murinus(Walckenaer, 1837), einer mittlerweile auch bei uns in Terrarien heimisch gewordenen hübschen Art.


Ephebopus-Höhlung im Boden

Und da waren noch andere Vogelspinnen, die die Nähe zu E. murinus scheinbar nicht übel nahmen. Ephebopus cyanognathus West & Marshall, 2000 wie wir anfangs glaubten. Wir konnten ein paar subadulte Tiere (adulte fanden wir, seltsamerweise gar keine) ausgraben und mit nach Deutschland nehmen, drei Weibchen und zwei Männchen. Leider produzierten sie keine Nachkommen und es überlebte auch nur ein einziges Weibchen (welches allerdings ca. 6 Jahre alt wurde).


Ephebopus uatuman Lucas, Silva & Bertani, 1992  (?) im Terrarium

Der Vogelspinnenexperte Rick West aus Kanada teilte mir in einer eMail dann (viel) später daheim mit, dass er nicht recht glaube, dass es sich bei der von uns in Saül gefundenen Art um E. cyanognathus (= „Blauzahn“) handelt, denn jene hätte „ständig blaue Chelizerengrundglieder“! In der Tat hatten unsere Tiere dieses nur im subadulten Stadium. Das Weibchen, nach Erlangen der Geschlechtsreife (eine Eiablage fand statt), hatte die Blaufärbung verloren. Vielleicht dann doch eher
E. uatuman?

Wir konnten also einige Tiere ausgraben:


Ausgrabung von Ephebopus(Simon, 1892) in Guyana

Später war dann auch die genauere Inspektion in einer Heimchendose besser:


Ephebopus in der Schachtel

Summa summarum kann festgestellt werden: Ephebopus eignet sich hervorragend als Terrarientier, wenn man einmal von der nicht ganz leicht zu erzielenden Paarung und Weiterzucht absieht. Männchen von E. murinus weisen übrigens einen Geschlechtsdimorphismus auf, sehen doch mit Erreichen der Reife gänzlich anders als die Weibchen

MännlicherEphebopus murinus

Es wäre erstrebenswert, wenn mehr Halter sich diesem interessanten und farblich sehr reizvollen Genus aus Südamerika widmen würden. Einer Gattung, deren zoologische Systematisierung immer noch nicht abgeschlossen ist. Mal steht sich bei den baumbewohnenden Aviculariinae, mal anderswo. Ephebopus Arten benutzen ihre breite Tarsalscopula zum Graben und nicht etwa zum Erklimmen der Bäume.
Weibchen von E. murinus können durchaus die Größe von 50-60mm erreichen, bezogen auf die reine Körperlänge.

Weibliche Ephebopus murinus

In England und den USA werden die Spinnen auch als „Skelett-Vogelspinne“ angeboten, sicherlich durch die weißlichen Zeichnungen auf den Beinen bedingt.
Das Temperament der Gattung ist leider immer etwas reizbar, was vorsichtiges Hantieren im Becken erforderlich macht.